I. Allgemein zum Diesel-Abgasskandal
Aus Kostengesichtspunkten und um die Gewinne der Konzerne zu maximieren haben Automanager vieler Automarken, insbesondere VW, Audi, Mercedes Benz, Porsche etc. die Abgaswerte mittels eine "Schummelsoftware" bewusst manipuliert, um die strengen Abgaswerte "einzuhalten. Dabei hat die Software erkannt, wenn das Auto auf einen Prüfstand ist und hat entsprechend die Abgaswerte und das Stickoxid durch Manitpulation des Motors gedrosselt. Später im normalen Betrieb wurde dann ein Vielfaches der Grenzwert überschritten. Zuerst wurde die Manipulation von VW in den USA entdeckt und im Jahr 2015 öffentlich. In Deutschland wurden die einzelenen Käufer erst im Jahr 2016 benachrichtigt, dass auch Ihr Fahrzeug und Motor von der Manipulation betroffen ist und ein Softwareupdate aufgespielt werden muss. In den USA hat der Konzern sehr hohe Strafen bezahlt und die Autobesitzer entschädigt. In Deutschland will der Konzern davon nichts wissen und meint, mit einem Softwareupdate sind die Probleme behoben. Jedoch gibt es bereits Fahrverbote für die betroffenen Dieselfahrzeuge und Wertminderungen müssen die Käufer hinnehmen.
Andere Töchter bei VW - wie z.B. Audi oder Skoda haben erst später im Jahr 2017 zugegeben, dass auch sie die Abgaswerte manipuliert haben. Anderen Marken wie z.B. Porsche, BMW, Opel, Ford und Mercedes Benz räumten auch sehr spät Manipulationen ein.
II. Anspruch bei Abgasmanipulation und Verjährung
1. Schadensersatzansprüche der Hersteller gem. § 823 Abs. 2 BGB oder § 826 BGB
Die betroffenen Käufer von VW und anderer Hersteller, die die Abgaswerte mittels Software manipuliert haben, haben gem. § 826 BGB und gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB (Betrug) Schadensersatzansprüche. Sofern die Autos direkt bei den Herstellern gekauft haben, haben die Käufer auch nach Kaufrecht Gewährleistungsrechte.
2. Verjährung der Ansprüche gegen VW u.a.
Die Gewährleistungsrechte verjähren in zwei Jahren. Für die Sachmängelansprüche von Neu- und Gebrauchtwagenkäufern gilt nicht mehr die Sechsmonatsfrist des § 477 BGB a.F., sondern eine zweijährige Verjährung, beginnend mit der Ablieferung des Autos (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB)
Gem. § 199 Abs. 1 BGB i.Vm. § 195 Verjährung die Ansprüche der Käufer auf Schadensersatz von Dieselfahrzeugen gem. § 826 BGB, die vom Abgasskandal betroffen sind, in drei Jahren
1. ab Enstehen des Anspruches (Autokauf) und
2. der Käufer von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Gem. § 199 Abs. 3 Satz 1 BGB verjähren die Schadensersatzanspruche in 10 Jahren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Enstehung des Schadensersatzanspruches. § 199 ABs. 3 Satz 2 BGB normiert die Höchstdauer der Verjährung von Schadnesersatzansprüchen in 30 Jahre, wobei die kürzer Frist maßgebend ist.
Jedoch muss man bei Klagen gegen VW damit rechnen, dass VW die Einrede der Verjährung erhebt. Sofern sie im Jahr 2015 noch keine Kenntnis von allen Umständen des Betruges durch VW hatten, wäre noch keine Verjährung eingetreten. Für den Eintritt der Verjährung ist VW beschweisbelastet. Der Einrede der Verjährung kann auch gem. § 242 BGB der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengehalten werden. Nach der Rechtsprechung reicht es aus, dass der Schuldner durch sein Verhalten objektiv – sei es auch unabsichtlich – bewirkt, dass die Klage nicht rechtzeitig erhoben wird, und die spätere Verjährungseinrede unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls mit dem Gebot von Treu und Glauben unvereinbar wäre, wobei insoweit ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Dezember 2016 – IX ZR 58/16)
Bei anderen Herstellern und VW Marken wie z.B. Audi, Porsche oder BMW, Opel, Ford, Mercedes Benz etc. sind die Manipulationen erst nach dem VW Abgasskandal öffentlich bekannt geworden, so dass sich diese Hersteller noch nicht auf die Einrede der Verjährung berufen können.
Anspruch auf Restschadensersatz gem. § 852 BGB nach Entritt der Verjährung gem. § 826 BGB
Wie das Oberlandesgericht Oldenburg ( Entscheidung vom 02.03.2021 Az: 12 U 161/20 ) hat auch das Instanzgericht Stuttgart am 9. März 2021 (Az. 10 U 339/20) Volkswagen zur Rücknahme eines VW-Diesels verurteilt, obwohl die Klage erst 2020 eingereicht worden war und der Bundesgerichtshof (BGH) in einem ersten Urteil davon ausgeht, dass bereits Ende 2018 der Abgasskandal verjährt gewesen sein soll (Az. VI ZR 739/20). Hintergrund der verbraucherfreundlichen Urteile ist der Anspruch auf Restschadensersatz. Nach §852 BGB besteht der Anspruch nach der eingetretenen dreijährigen Verjährung.
II. Gerichtsentscheidungen zum Abgasskandal
Die Manipulation durch VW stellt eine unerlaubte Handlung dar und verpflichtet den Konzern zum Schadensersatz. Innerhalb von 2 Jahren hatten die VW Käufer auch Mängelansprüche gegen die Händler. Haber durch geschicktes Taktieren des VW Konzerns mit der "Softwarenachbesserung" wurden diese Gewährleistungsrechte vereitelt. Die meisten VW Händler hatten auch keine Kenntnis von der Softwaremanipulation.
In den Jahren 2016 bis heute wurde VW-Konzern (VW, Audi, Seat etc.) , nachdem sich der Konzern außergerichtlich geweigert hat, Schadensersatz an die Verbraucher zu zahlen, massenhaft verklagt und in jüngster Zeit haben die Gerichte zunehmend den geschädigten Käufern Recht gegeben.
Hier eine keine Auswahl der Entscheidungen, die in der ersten Instanz erfolgreich für die Kläger verlaufen sind:
Gericht |
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Entscheidung |
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Datum |
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Aktenzeichen |
LG Krefeld |
Urteil |
19.07.2017 |
7 O 147/16 |
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LG Heilbronn |
Urteil |
09.08.2018 |
Sp 2 O 278/17 |
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LG Aachen |
Urteil |
19.01.2018 |
7 O 233/17 |
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LG Arnsberg |
Urteil |
14.06.2017 |
I-1 O 25/17 |
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LG Frankenthal |
Urteil |
30.01.2018 |
6 O 373/17 |
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LG Frankenthal |
Urteil |
12.04.2018 |
6 O 404/17 |
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LG Frankenthal |
Urteil |
28.05.2018 |
8 O 15/18 |
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LG Frankfurt a.M. |
Urteil |
10.10.2017 |
2-17 O 128/16 |
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LG Frankfurt a.M. |
Urteil |
20.10.2017 |
2-26 O 67/17 |
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LG Görlitz |
Urteil |
05.06.2018 |
1 O 12/18 |
Die bisherigen Entscheidungen sind nicht rechtskräftig, denn der VW Kozern fährt die Taktik, möglichst keine rechtskräftigen Gerichtsentscheidungen entstehen zu lassen. Zum Teil bietet VW den Klägern Vergleiche mit Vereinbarung eines Schweigerechtes an.
Man findet unter
weitere Urteile zu Gunsten der Geschädigten Käufer von VW Kraftfahrzeugen mit manipulierten Software.
Die Verzögerungstaktik von VW hatte aber zwischenzeitlich keinen Erfolg. Der BGH hat nun in einem Grundsatzurteil vom 25.05.02020 Az. VI ZR 252/19 folgende Entscheidungen getroffen:
Der unter anderem für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat hat heute entschieden, dass dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs Schadensersatzansprüche gegen VW gem. § 826 BGB zustehen. Er kann Erstattung des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises verlangen, muss sich aber den gezogenen Nutzungsvorteil anrechnen lassen und VW das Fahrzeug zur Verfügung stellen.
Die Geschädigten können nach dem Urteil des BGH vom 30.07.2020 Az. VI ZR 354/19 keine Deliktszinsen verlangen. Einen Anspruch des Klägers auf sogenannte "Deliktszinsen" nach § 849 BGB ab Zahlung des Kaufpreises hat der VI. Zivilsenat ebenfalls verneint. Zwar erfasst diese Vorschrift grundsätzlich jeden Sachverlust durch Delikt, auch den Verlust von Geld in jeder Form. Dies gilt auch dann, wenn dieser Verlust - wie hier - mit Willen des Geschädigten durch Weggabe erfolgt. Vorliegend stand einer Anwendung des § 849 BGB aber jedenfalls der Umstand entgegen, dass der Kläger als Gegenleistung für die Hingabe des Kaufpreises ein in tatsächlicher Hinsicht voll nutzbares Fahrzeug erhalten hat; die tatsächliche Möglichkeit, das Fahrzeug zu nutzen, kompensierte den Verlust der Nutzungsmöglichkeit des Geldes. Eine Verzinsung gemäß § 849 BGB entspricht in einem solchen Fall nicht dem Zweck der Vorschrift, mit einem pauschalierten Mindestbetrag den Verlust der Nutzbarkeit einer entzogenen oder beschädigten Sache auszugleichen.
Käufer, die nach der Mitteilung von VW im Herbst 2015 das Fahrzeug erworben haben, haben keinen Schadensersatzanspruch, da sie in Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis der Manipulation das Fahrzeug gekauft haben und daher nicht nachträglich ihren Schaden geltend machen können. Denn wer weiß, dass das Fahrzeug manipuliert wurde, nimmt den Schaden bzw. den Minderwert in Kauf. Dies hat der BGH im Urteil vom 30.07.2020 Az. VI ZR 5/20 entschieden.
Ansprüche gem. § 826 BGB verjähren laut dem Urteil vom 17.12.2020 Az. VI ZR 739/20 in drei Jahren ab der Verkündung der Manipulation durch VW im Jahr 2015. Der Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB ist somit nach Ablauf des 31.12.2018 verjährt.
Jedoch haben die Geschädigten nach § 852 BGB noch den Anspruch auf Restschadensersatz, der im Ergebnis den gleich Umfang hat wie der Schadensersatz aus § 826 BGB. § 852 BGB regelt folgendes:
§ 852
Herausgabeanspruch nach Eintritt der Verjährung
1Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. 2Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf die Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Breits das OLG Oldenburg hat mit Urteil vom 02.03.2021 Az: 12 U 161/20 VW zum Schadensersatz aus § 852 BGB verurteilt, obwohl die Klage erst 2019 mit der Begründung aus § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittwidirger Schädigung eingereicht worden ist. Dieser Anspruch war verjährt. So kann die Klägerin in der Hauptsache von der Beklagten die Zahlung von 16.376,87 € Zug um Zug gegen Herausgabe des streitbefangenen Fahrzeuges beanspruchen. Ein entsprechender Anspruch aus § 826 BGB ist zwar verjährt, gleichwohl bleibt die Beklagte gemäß § 852 BGB zur Zahlung dieses Betrages verpflichtet.
Der Rechtssprechung des OLG Oldenburg ist auch das OLG Stuttgart mit dem Urteil vom 09.03.2021 Az. 10 U 339/20 gefolgt, und hat dem Geschädigten einen Restschadensersatzanspruch aus § 852 BGB ebenfalls zugesprochen.
III. Musterfeststellungsklage für Verbraucher gegen VW
Seit November 2018 können betroffen Verbraucher ohne Risiko und Kosten sich einer Musterklage des ADAC und des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen gegen VW anschließen und sich ins Klageregister eintragen. Das Klageregister wird vom Bundesamt für Justiz geführt und kann im Internet unter
aufgefunden werden.
Jedoch muss der Verbraucher seine individuellen Ansprüche noch gegen VW selbst nach Erfolgreicher Musterfeststellungsklage selbst geltend machen und notfalls einklagen. Gerne helfen wir ihnen dabei. Dies Kosten muss in der Regel VW gem. § 249 BGB tragen.
Selbständige und Unternehmen können am Musterfeststellungsverfahren nicht teilnehmen und müssen ihre Ansprüche selbständig verfolgen. Gegen andere Hersteller gibt es zur Zeit noch kein Musterklageverfahren.
Geschädigte Unternehmer, die bisher Ihre Ansprüche noch nicht geltend gemacht haben, können Ihre Schadensersatzansprüche gem. § 852 BGB auch jetzt noch bis 2025 geltend machen.
IV. Selbständige, Unternehmen und Firmen
Leider können Selbständige und Unternehmen sich nicht der Musterfeststellungsklage anschließen, da sie keine Verbraucher sind. Sie müssen Ihre Ansprüche selbst gegenüber VW geltend machen und Einklagen. Gerne helfen wir Ihnen. In der Regel muss VW die Kosten gem. § 249 BGB übernehmen. Jedoch muss man bei Klagen gegen VW damit rechnen, dass VW die Einrede der Verjährung erhebt. Sofern sie im Jahr 2015 noch keine Kenntnis von allen Umständen des Betruges durch VW hatten, wäre noch keine Verjährung eingetreten. Für den Eintritt der Verjährung ist VW beschweisbelastet. Der Einrede der Verjährung kann auch gem. § 242 BGB der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengehalten werden. Nach der Rechtsprechung reicht es aus, dass der Schuldner durch sein Verhalten objektiv – sei es auch unabsichtlich – bewirkt, dass die Klage nicht rechtzeitig erhoben wird, und die spätere Verjährungseinrede unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls mit dem Gebot von Treu und Glauben unvereinbar wäre, wobei insoweit ein strenger Maßstab anzulegen ist.(Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Dezember 2016 – IX ZR 58/16)
Bei anderen Marken wie z.B. Opel, BMW, Audi, Mercedes Benz können die Hersteller noch keine Einrede der Verjährung erheben, da erst später diese Manipulationen entdeckt wurden.
Unternehmer können aber ihre Schäden gem. § 852 BGB geltend machen bis 2025 maximal bis 30 Jahre von der Verletzungshandlung an (Entwicklung der Abgasmanipulationssoftware).
Wir stehen Ihnen gerne als Ansprechpartner zur Verfügung. Gerne beraten und vertreten wir sie.
Wir haben schon erfolgreich gegen VW gem. § 826 BGB geklagt und gewonnen.
Herr RA Wenni steht ihnen gerne als Ansprechpartner zur Verfügung.